Im Mai war das Stefansviertel Gastgeber eines besonderen Besuchs: Im Rahmen eines dreitägigen Seminars der Universität Zürich, geleitet von Prof. Dr. Christoph Sigrist (ehemaliger Pfarrer am Grossmünster) und Prof. Dr. Thomas Schlag (Theologische Fakultät, Zentrum für Kirchenentwicklung), zum Thema „Kirche in der Öffentlichkeit“, reisten rund 14 angehende Pfarrpersonen (QUEST-Studierende) nach Hirzenbach.
Stadt, Kanton und Uni im Gespräch
Am Vormittag diskutierten in der St. Anna Kapelle die Studierenden mit Gästen wie Franziska Driessen-Reding (Religionsdelegierte des Kantons Zürich), Anna Schindler (Direktorin Stadtentwicklung Zürich) und Imam Kaser, wie Kirche heute in einer pluralistischen Gesellschaft auftreten kann – nahbar, relevant, offen. Ein zentrales Thema war dabei: Wie können kirchliche Räume öffentliche Resonanzräume sein, die nicht nur beraten, sondern Beziehung ermöglichen?
Kirchgemeinde Hirzenbach als lebendiges Praxis-Beispiel
Die theoretischen Auseinandersetzungen wurden mit dem Besuch bei uns in der Kirchgemeinde konkret. Dabei standen Themen wie lokale Verankerung, Attraktivität und Offenheit, Sinn und Verbundenheit sowie Räume der Geborgenheit im Fokus. Diskutiert wurde auch, wie Spiritualität und Nahbarkeit als Kirche konkret werden können: authentisch sein, sich mit den Menschen auseinander- und zusammensetzen, Gastfreundschaft pflegen, gemeinsam feiern.
Lokal verankert
Im Unterschied zur Stadtverwaltung, die nach Jahren der Zentralisierung wieder versucht, sogenannte „Drehscheiben“ – also Kontaktpunkte zu den Menschen – in den Quartieren aufzubauen, setzt die Reformierte Kirche Zürich Hirzenbach diese Nähe bereits ganz selbstverständlich um. Dabei kann Kirche nicht nur beraten, sondern gar lieben: Kirche sind die Menschen, die Kirche leben. Das geschieht nicht nur durch Programme und Gottesdienste, sondern in niederschwelligen Plattformen wie COFFEE&DEEDS oder dem Kindertreff Villa YoYo – und weit darüber hinaus.
Theologie zum Shalom im Quartier
Pfarrer Franco Sorbara hielt einen theologischen Impuls, in dem er das Stefansviertel als einen Ort beschrieb, an dem sich die Vision eines "Shalom für das Quartier" konkretisiert – als Begegnungsort mit Gott, mit Menschen und mit der Umwelt. Angelehnt an Jeremia („Suchet der Stadt Bestes“) und die Vision Sacharjas von einer lebendigen Stadt, versteht sich das Stefansviertel als Antwort auf die Frage, wie Kirche in einem Quartier Heimat bieten kann – auch dort, wo sie gesellschaftlich Randposition einnimmt. Begegnung mit Gott, mit anderen Menschen – und mit der Umwelt. Im Stefansviertel sollen sich Bubbles auflösen, Generationen sich begegnen, Alltagsleben und Spiritualität verknüpfen. Nicht als Idealbild, sondern als Einladung, neugierig zu werden auf mehr.
Uns freute besonders, dass auch der neue Grossmünsterpfarrer Christian Walti mit dabei war und sich mit spürbarem Interesse auf das Stefansviertel und seine Vision eingelassen hat.
Wir danken der Universität Zürich und den Gästen des Tages für diesen anregenden Austausch und freuen uns, dass das Stefansviertel als Praxisort für Kirche in der Gesellschaft wahrgenommen und weitergedacht wurde.
Bild: Prof. Dr. Christoph Sigrist, ehem. Pfarrer Grossmünster. Quelle: Samuel Schalch